Der Führerschein
Was Sie beachten müssen, wenn Sie noch keinen Führerschein haben
Grundsätzlich gilt, dass keinem erwachsenen Bürger der Führerschein aufgrund einer körperlichen Einschränkung verwehrt werden darf. Nur wenn die Behinderung so stark ist, dass eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr nicht möglich ist, darf zum Schutz der Person und Dritter die Zulassung von der zuständigen Führerscheinbehörde verweigert werden. Ihr erster Schritt auf dem Weg zum Führerschein führt Sie daher zu Ihrer zuständigen Führerscheinbehörde. Dort wird entschieden, ob zur Einschätzung Ihrer Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeuges ein medizinisches Gutachten, ein Eignungsgutachten und, unter Umständen, ein medizinisch-psychologisches Gutachten benötigt werden. Die Anmeldung bei der Führerscheinbehörde kann übrigens auch durch die Fahrschule erfolgen, bei der Sie Ihre Fahrausbildung machen wollen. Bevor Sie sich jedoch bei einer Fahrschule verbindlich anmelden, stellen Sie einen Antrag bei Ihrem Leistungsträger. Welcher Leistungsträger für Sie verantwortlich sein könnte und was ein Antrag enthalten muss, erfahren Sie im Abschnitt „Leistungsträger“.
Die beizubringenden Gutachten
Gutachten
Das medizinische Gutachten wird von einem Amtsarzt, Facharzt mit einer verkehrsmedizinischen oder arbeitsmedizinischen Zusatzqualifikation, einem Arzt für Rechtsmedizin oder einem Arzt einer Begutachtungsstelle für Fahreignung erstellt.
Damit der Facharzt Sie neutral und objektiv einschätzt, darf er nicht auch Ihr behandelnder Arzt sein (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Fahrerlaubnis-Verordnung). Wenn Sie einen Arzt gefunden haben, informieren Sie sich vorher, ob seine Praxis behinderten- bzw. rollstuhlgerecht eingerichtet ist.
Das medizinische Gutachten zeigt Ihre Behinderung und Einschränkung detailliert auf und soll sie auf verständliche Weise erklären. Das medizinische Gutachten sollte mindestens enthalten:
- Name, Geburtsdatum, Wohnort
- Bezeichnung der Behinderung oder Erkrankung
- Auswirkungen der Behinderung oder Erkrankung
In Bezug auf die Auswirkungen der Behinderung oder Erkrankung (siehe o.a. Punkt drei), informiert das medizinische Gutachten, welche Gliedmaßen eingeschränkt einsetzbar sind oder ob beispielsweise eine Lähmung komplett oder inkomplett ist. Bei Erkrankungen muss der Hinweis enthalten sein, ob diese fortschreitend (progressiv) ist und somit regelmäßige ärztliche Kontrollen notwendig sind. Weiterhin enthält das medizinische Gutachten einen Hinweis, dass aus medizinischer Sicht keine Bedenken gegen die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Sollten Bedenken bestehen, müssen diese erläutert werden. Bei der Ausstellung des medizinischen Gutachtens bitten Sie Ihren Arzt, das Schreiben in einer einfachen und allgemeinverständlichen Sprache zu halten. Das Gutachten muss auch von Nichtmedizinern verstanden werden. Vor allem die Mitarbeiter in der Führerscheinbehörde und die bei der Bundesanstalt für Straßenwesen akkreditierten Sachverständigen sind die Adressaten für die Gutachten.
Bitten Sie Ihren Arzt auch darum, das Gutachten so positiv wie möglich zu gestalten. So kann Ihr Arzt beispielsweise darauf hinweisen, dass ein Fahrzeugumbau Ihre Arbeitskraft erhält oder sogar verbessert. Natürlich kann auch die positive Wirkung eines eigenen Autos auf die psychische Stabilität, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder der nicht vorhandenen Infrastruktur im Wohnort hervorgehoben werden.
Nachdem im medizinischen Gutachten Ihre grundsätzliche Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeuges festgehalten wurde, kann Ihnen die Führerscheinbehörde Ihren Führerschein mit Einschränkungen erteilen. Zu diesen Einschränkungen gehören die Befristung sowie die Auflage und die Beschränkung (siehe u.a. Zusatzinformationen). Um nun festzustellen, welche Auflagen und / oder Beschränkungen für Sie in Frage kommen, kann die Führerscheinbehörde ein Eignungsgutachten durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen, der bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) akkreditiert ist, fordern. Das ist in der Regel ein Sachverständiger vom z.B. TÜV oder DEKRA. Der Sachverständige schlägt der Führerscheinbehörde nach der Eignungsbegutachtung die Beschränkungen und / oder Auflagen für Ihren Führerschein vor, die dann in Ihren Führerschein eingetragen werden.
Die technischen Sachverständigen stellen die notwendigen Umrüstungen für Ihr Fahrzeug fest. Als Grundlage dient das zuvor erstellte medizinische Gutachten. An dieser Stelle wird auch nachvollziehbar, warum das medizinische Gutachten allgemeinverständlich formuliert sein soll.
Der Sachverständige führt mit Ihnen eine Fahrprobe durch, bei der er bestimmte Bewegungsabläufe und Ihre Fähigkeit zur Durchführung dieser Abläufe präszise analysiert. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Ihrer Fähigkeit, in Extremsituationen schnelle Richtungswechsel und Vollbremsungen durchführen zu können.
Ein Sonderfall ist das medizinisch-psychologische Gutachten. Ein solches Gutachten kann von Personen angefordert werden, die in irgendeiner Weise (durch einen Unfall oder durch eine Krankheit) Beeinträchtigungen im Gehirn erlitten haben, z. B. Schädel-Hirntrauma, Schlaganfall oder Multiple Sklerose. Aber auch bei einer medikamentösen Therapie kann ein solches Gutachten gefordert werden, wenn vermutet wird, dass ein Medikament beispielsweise zu Wahrnehmungsstörungen führen kann.
Zum weiteren Ablauf
Nachdem Sie bei der Führerscheinbehörde die geforderten Unterlagen eingereicht haben, wird diese entscheiden, ob Sie grundsätzlich zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet sind. Auch wird sie bestimmen, unter welchen Auflagen und / oder Beschränkungen der Führerschein erteilt werden kann.
Wenn Sie im Besitz aller benötigten Gutachten sind, benötigen Sie außerdem zur Anmeldung bei der Führerscheinbehörde (wie jeder andere Führerscheinneuling auch) ein Passbild für den Führerschein, eine Bescheinigung über den Sehtest sowie eine Teilnahmebescheinigung an einem Kurs über Sofortmaßnahmen am Unfallort oder an einem Erste-Hilfe-Lehrgang. Die Teilnahme ist auch dann Pflicht, wenn klar ist, dass Sie die Maßnahmen vielleicht nicht selber durchführen können. So sind Sie aber in der Lage, in einer Notfallsituation andere Personen anzuleiten.
Zum Erhalt des Führerscheins der Klasse B müssen Sie nun die obligatorischen 14 Pflichtstunden Theorie, mindestens fünf Fahrstunden Überlandfahrt, vier Fahrstunden Autobahnfahrt und drei Fahrstunden Nachtfahrt absolvieren.
Die Führerscheinausbildung
Für Ihre Führerscheinausbildung sollten Sie sich eine Fahrschule suchen, die sich auf die Ausbildung behinderter Menschen spezialisiert hat. Diese Fahrschulen haben auf der einen Seite Erfahrung im Umgang mit Behinderten, auf der anderen Seite können Ihnen diese Fahrschulen speziell umgerüstete Fahrzeuge für die Fahrausbildung zur Verfügung stellen. Die Fahrausbildung an sich verläuft gemäß der Lehrpläne für Theorie und Praxis für Fahrschüler. Auch in der Führerscheinprüfung wird von Ihnen nur das verlangt, was ein Prüfer auch von nicht behinderten Prüflingen erwarten kann.
Anschriften von spezialisierten Fahrschulen können Sie bei den Landesverbänden der Fahrlehreroder bei der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. erhalten.
(http://fahrlehrerverbaende.de/sixcms/media.php/2448/Behindertenausbildung.pdf)
Natürlich helfen auch wir Ihnen auch gern bei der Suche nach einer passenden Fahrschule in Ihrer Nähe.
Was Sie beachten müssen, wenn Sie bereits einen Führerschein haben
Durch Unfall oder Krankheit kann es passieren, dass eine körperliche Behinderung eintritt, nachdem eine Person bereits im Besitz eines gültigen Führerscheins ist. Eine körperliche Behinderung bedeutet aber nicht automatisch, dass Sie zum Führen eines Fahrzeuges ungeeignet sind.
Grundsätzlich gilt gemäß der Führerschein-Verordnung, dass sich nur jene Personen im Straßenverkehr bewegen dürfen, die Vorsorge getroffen und damit sichergestellt haben, dass andere nicht gefährdet werden. Das bedeutet für Sie, dass Sie sich direkt an eine Umbaufirma wenden und geeignete behindertengerechte Änderungen an Ihrem Fahrzeug vornehmen lassen können. Diese Änderungen müssen dann von einem Sachverständigen (z. B. TÜV / DEKRA) abgenommen und in den Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein eingetragen werden.
Sie sind nicht verpflichtet, Ihrer zuständigen Führerscheinbehörde Ihre Behinderung zu melden. Aber Vorsicht: Werden Sie in einen Unfall verwickelt, müssen Sie unter Umständen nachweisen, dass Sie Ihr umgerüstetes Fahrzeug auch sicher führen können, um nicht eine Teilschuld – unabhängig von der tatsächlichen Schuld – zugesprochen zu bekommen. Haben Sie hingegen ein Eignungsgutachten durchführen und die für Sie relevanten Auflagen oder Beschränkungen in Ihren Führerschein eintragen lassen, so sind Sie von der Last eines Nachweises befreit. Hinzu kommt, dass für Sie, wenn Sie eine Bezuschussung bei einem Kostenträger beantragen, ein Gutachten zwingend erforderlich ist.
Zusatzinformationen
Eine Befristung gemäß §§ 23 und 24 Fahrerlaubnis-Verordnung ist nur für die Fahrzeugklassen C, C1, C1E, CE sowie D, D1, D1E und DE vorgesehen. Dabei wird die Erteilung des Führerscheins für die Klassen C1 und C1E bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres befristet. Die Klassen C und CE sowie D, D1, D1E und DE werden bei ihrer Erteilung auf fünf Jahre befristet. Das Führen eines Kraftfahrzeuges nach Ablauf der Befristung ist ein Straftatbestand gem. § 21 Straßenverkehrsgesetz (Fahren ohne gültigen Führerschein), der mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet wird.
Eine Auflage ist eine auf den Fahrer bezogene Einschränkung. Ein Fahrzeug darf nur dann geführt werden, wenn die Auflage durch den Fahrer erfüllt wird. Die bekannteste Auflage ist das Fahren mit einer Sehhilfe, z. B. Brille oder Kontaktlinsen. Die Missachtung einer Auflage ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Verwarnungsgeld, gem. § 75 Nr. 9 Fahrerlaubnis-Verordnung in Verbindung mit Nr. 169 des Bußgeldkataloges, geahndet werden kann. Aber Achtung: Wer eine Auflage missachtet, dem droht zudem eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe gemäß § 315c Straßenverkehrsgesetz.
Ist eine Person nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, kann die Führerscheinbehörde den Führerschein neben der Erteilung einer Auflage auch beschränken (§ 46 Fahrerlaubnis-Verordnung). Eine Beschränkung kann sich insbesondere auf eine bestimmte Fahrzeugart oder ein bestimmtes Fahrzeug mit besonderen Einrichtungen erstrecken. Wurde die Fahrerlaubnis einer Person beschränkt und missachtet die Person diese Beschränkung, ist auch dies eine Straftat gem. § 21 Straßenverkehrsgesetz.